Echter Teamarbeit steht kein Handicap im Weg

"Es kommt nicht darauf an, was man hat, sondern was man daraus macht." Richard Kleiweg

Auch mit Handicap kann man im Hundesport aktiv sein – egal, ob im Team der Mensch oder sein Hund beeinträchtig ist. Eine ordentliche Portion Mut, Ehrgeiz, Disziplin und Phantasie gehören allerdings dazu. Das ist nicht anders als bei Gesunden. Dann steht einem gemeinsamen Hobby nichts im Wege.

Teamtanz auf zwei Rädern

Richard Kleiweg ist ein Hundesportler, der in Erinnerung bleibt. Wie er zusammen mit seinem Hund agiert, berührt. Der Niederländer macht Hundefrisbee und ist nach einem Motorradunfall von der Hüfte abseits gelähmt. Elf Jahre ist das jetzt her. Für ihn der Beginn eines neuen Lebens. „Ich habe mir schon immer einen Hund gewünscht. Doch vor meinem Unfall war ich bei der Army und viel unterwegs. Das ließ sich einfach nicht kombinieren“, erzählt er. Doch dann erfüllte er sich seinen Wunsch: Lucky kam ins Haus. Der erste von mittlerweile drei Border Collies und heute schon fast neun Jahre und wegen körperlicher Probleme im Ruhestand. Wettkämpfe trägt Kleiweg mit Collin aus, dem Hund seiner Lebensgefährtin. Aber mit dem kleinen Skip steht bereits die nächste Generation in den Startlöchern. „Mein nächster Champion“, nennt er den Einjährigen liebevoll. 

Auf der Spielfläche verschmilzt der sympathische Holländer mit seinen Hunden zu einer Einheit. Er spielt in der sogenannten „open class“, der höchsten Klasse, in der Punkte für die Europa- und Weltmeisterschaften gesammelt werden können. Im vergangenen Jahr hat er mit Collin bei den UFO Majors im niederländischen Boelenslaan Platz 4 erreicht und sich mit insgesamt 95 Punkten aus zwei solcher Major-Läufe für die UFO-Weltmeisterschaft qualifiziert. Teilgenommen hat er nicht. Gesundheitliche Probleme kamen dazwischen. 

„Eine WM im eigenen Land und sogar dafür qualifiziert – ich war sehr traurig darüber“, erinnert er sich. Doch heute ist das längst vergessen. Nicht mit allzu großen Erwartungen an die Sache ran gehen, sondern Spaß haben, ist seine Maxime. Er kommt ohne fremde Hilfe klar. Trotzdem muss er seine Freestyle-Kür nach anderen Kriterien planen als gesunde Sportler. 

„Ich bin nicht so mobil und schnell, deshalb plane ich meine Würfe immer zwei, drei Schritte im Voraus.“ 

Auf 120 Sekunden ist eine Kür bei UFO-Meisterschaften begrenzt, in der sieben Scheiben gespielt werden dürfen. Doch bringt Collin eine davon nicht zurück, hat Richard ein Problem. Er kombiniert daher beispielsweise kurze und weite Würfe geschickt miteinander, sodass ihm immer genügend Scheiben zur Verfügung stehen.

Richard trainiert seine Hunde größtenteils selbst. Die Eigeninitiative ist den niederländischen Entfernungen geschuldet. „Manchmal trainiere ich mit meinem Verein, aber weil die Clubmitglieder weit auseinander leben, passiert das nicht so oft.“ Er hat mit zwei gesunden Händen alles, was er für diesen Hundesport braucht. Es gibt im Frisbee auch keine eigene Para-Klasse.

Und selbst wenn: Mir geht es gut. Ich würde niemals wechseln.

Geballte Lebensfreude auf zwei Rädern

Der schwarze Labrador mit dem italienischen Namen „Der Schwarze“ stammt aus Süditalien. „Es ist dort üblich, Hunde auf dem Moped mitzunehmen. Dabei kam es zum Unfall.“ Der kleine Hund war schwer verletzt und wurde auf der Straße zurückgelassen. Glück im Unglück: Helfer eines Schweizer Tierschutzvereins nahmen sich seiner an und haben über Facebook eine Pflegestelle gesucht. „Meine Mutter ist Physiotherapeutin für Hunde und war optimistisch, ihm helfen zu können. Und so ist er einige Wochen später bei uns in der Nähe von Heidelberg gelandet.“ Kostbare Zeit, in der Nerone nur rudimentär behandelt wurde, war vergangen. Doch die beiden Frauen merkten sofort, welche Energie und Lebenswille in dem Kleinen steckte. Unter der fachkundigen Hand der Physiotherapeutin erholte er sich zusehends, die Hinterläufe blieben jedoch gelähmt. Ein Rollwagen musste her. „Nerone hat sich sofort damit angefreundet und ist gelaufen, bis ihm vor Erschöpfung die Vorderläufe zitterten. Ich denke, für ihn war es ein Vorteil, dass er den Unfall als junger Hund hatte und sich kaum noch daran erinnern konnte, wie es ist, auf vier Pfoten zu laufen.“ Bis man für die Gassirunde startklar ist, dauert es zwar etwas länger, aber ansonsten nähme Nerone ganz normal am Hundeleben teil. Drei Jahre ist das jetzt her, Nerone ist mittlerweile fast vier. Von Gegenwind und einer fehlenden Begleithundeprüfung lässt sich das Duo nicht unterkriegen. 

Laura trainiert mit ihm vorerst privat auf einem privaten Hundeplatz. Dort integriert sie Elemente aus verschiedenen Sportarten und hat sie jeweils so angepasst, dass sie auch für Nerone machbar sind. Kreativität ist alles: Aus dem Agility etwa hat sie sich Wippen und Schrägwände abgeschaut und ihm breitere gebaut, damit er sie mit seinem Rollwagen überwinden kann. „Er springt sogar über Hindernisse, wenn ich ihm seinen Rollwagen hinterher hebe“, schmunzelt Laura. 

Er läuft bei Fuß und macht Distanzarbeit. Und er apportiert. „Daran hat er so viel Freude, dass er sich sogar manchmal in der Kurve überschlägt.“ Die geballte Lebensfreude.  

Ein Handicap muss kein Hindernis sein, das beweist Richard Kleiweg ebenso beeindruckend wie Laura Knobloch, das Frauchen von Nerone. Es kommt auf das Handicap an, welche Sportarten das Mensch-Hund-Team machen kann und welche nicht. 

 

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