Aus 3 mach 1: Mensch, Pferd und Hund als Team

Tor, Slalom, Cavaletti, Stangen-U, Brücke, Box, Apport – als Hundesportler fühlt man sich bei den meisten dieser Stichworte an Agility erinnert oder auch an Obedience. Wenn es hier um heiteres Beruferaten ginge und ein typisches Geräusch eingespielt werden sollte, müsste das allerdings Hufgetrappel sein. Verwirrend? Keineswegs, denn wir werfen heute einen Blick auf die noch junge Sportart Horse & Dog Trail (HDT). 

Viele Pferdemenschen haben auch Hunde. Da die Beschäftigung mit den Pferden und ihre Betreuung viel Zeit erfordert, verwundert es kaum, dass sie ihre Hunde häufig mit in den Stall nehmen. Fest zum Bild von Reitturnieren gehören die vielen Jack Russell Terrier und andere Reiterhunde, die – unbeeindruckt von den vielen großen Huftieren auf engstem Raum – zwischen den Pferdhängern und am Abreiteplatz umherflitzen. Bei vielen Ausritten springen Australian Sheperd, Rhodesian Ridgeback & Co. neben dem Pferd fröhlich durch Wald und Flur. Gerade hier ist ein guter Freifolgegehorsam des Hundes wichtig, und genau der ist auch eines der Kernelemente beim HDT.

Was ist denn nun Horse & Dog Trail?

HDT ist eine Geschicklichkeitsprüfung, bei der innerhalb eines sogenannten Patterns – dem Parcours – der Mensch verschiedene Aufgaben nacheinander jeweils mit dem Pferd bewältigt, vom Hund absolvieren lässt oder gemeinsam mit beiden Vierbeinern durchführt. Unabdingbare Grundvoraussetzung sind absolutes gegenseitiges Vertrauen und gegenseitiger Respekt aller drei so unterschiedlichen Teampartner, eine enge Bindung zueinander – und natürlich ein guter Grundgehorsam.

Diese Sportart für das Dreierteam Mensch-Pferd-Hund hat ihren Anfang in Deutschland und der Schweiz genommen, wird inzwischen aber auch außerhalb Europas praktiziert. 2008 wurde sie vom Dachverband der Züchter, Reiter, Para-Reiter, Fahrer und Voltigierer in Deutschland, der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), in der Kategorie Breitensport anerkannt. Vor 20 Jahren bereits hatte die Erste Westernreiter Union Deutschland e. V. (EWU) sie erstmals angeboten, deren heutiges Regelwerk sie so beschreibt: 

„In der Disziplin H&D TH werden Hund und Pferd als gemeinsames Team in einem Trailparcours bewertet. Im Vordergrund steht das Trailpferd, welches mit seinem gehorsamen Begleiter Hund harmonisch zusammenwirkt. Neben dem Begleiten haben die Hunde ebenso Hindernisse zu absolvieren. Die Sicherheit von Pferd, Hund und Reiter hat oberste Priorität.“ (S. 91)

Horse & Dog Trail erhält immer mehr Zulauf – und wir fragen die amtierende Deutsche Meisterin und Ausbilderin Jutta Brinkhoff-Völker, was diese speziesübergreifende Sportart aus Hundesicht ausmacht!

Jutta Brinkhoff-Völker Deutsche Meisterin 2021 im Horse & Dog Trail

Das erwartet das Trio mit zehn Beinen

Der Mensch ist beim HDT vorwiegend Reiter, absolviert die Prüfung also weitgehend vom Pferderücken aus. Neben den Aufgaben, die er allein mit dem Pferd durchführt oder die er den Hund anweist zu erledigen, bewältigt das Trio auch gemeinsame Elemente. Grundlegend hier ist die Freifolge des Hundes, in der zum Beispiel gemeinsam Stangen überquert, kleine Sprünge überwunden oder ein Slalom hingelegt werden. 

Die Aufgaben, die der große Vierbeiner zu erfüllen haben, stammen aus dem Trailreiten, das an sich eine Disziplin des Westernreitens ist. Sie sind angelehnt an das, was Reiter und Pferd im Alltag und im Gelände begegnet, und sind möglichst exakt und kontrolliert durchzuführen – darunter zum Beispiel Tore öffnen, rückwärts um Ecken gehen, über Brücken, Stangen oder Planen laufen oder im Slalom um Stangen und Pylonen herum. Im Gegensatz zum reinen Trailreiten sind HDT-Prüfungen jedoch nicht auf die Westernreitweise beschränkt.

Die Einzelaufgaben für den Hund orientieren sich ebenfalls an dem, was er im Alltag braucht, wenn er als Reitbegleiter am Pferd mitläuft – sie sind Hundesportlern aber auch aus der Begleithundeausbildung, Agility und Obedience bekannt. Der kleine Vierbeiner hat beispielsweise im „Bleib“ an einem bestimmten Platz zu warten, während das Pferd eine Aufgabe durchführt, oder muss auf Kommando eigenständig über Cavaletti springen.

Das Wichtigste in der Bewertung bei diesem Sport ist das harmonische, sichere Teamwork, das heben die Regelwerke besonders hervor. Hierbei kommt dem Menschen die besondere Aufgabe zu, nicht nur sein Pferd entsprechend zu beherrschen, sondern auch seinen Hund adäquat auszubilden – sowie Ersteres, ein Fluchttier, weil potenzielle Beute von Raubtieren, und Letzteren, ein potenzielles Raubtier, in freundschaftlichem, vertrauensvollem Miteinander in Einklang zu bringen. Genau das rücken viele HDT-Aktive als den besonderen Reiz dieser Sportart in den Vordergrund.

Jutta Brinkhoff-Völker Deutsche Meisterin 2015 in HDTDie Deutsche Meisterin im HDT über den Weg in diesen Sport

Eine der führenden Vertreterinnen des HDT ist Jutta Brinkhoff-Völker. Die Westernreiterin ist frischgebackene Deutsche Meisterin – sie holte sich diesen Titel damit zum zweiten Mal nach 2015 – sowie mehrfache Deutsche Vizemeisterin, Landesmeisterin und hoch platziert wie siegreich bei den German Open der EWU. Neben ihren Sporterfolgen bildet die DOSB-lizensierte Trainerin für Reitausbildung (FN/EWU) Menschen, Pferde und das Pferd am Hund aus, für HDT oder „einfach nur“ als Reitbegleithunde.

Dieses „einfach nur“ ist jedoch die absolute Grundlage für den HDT, das betont Jutta deutlich. Auch wenn sie einen neuen Hund für sich ausbildet, zählt zunächst das Gewöhnen ans Pferd und das vernünftige Verhalten des kleinen Caniden im Umgang mit dem großen Vierbeiner – schließlich muss man sich immer im Klaren sein, dass ein Hund, der zu wild oder unberechenbar reagiert, vom Pferd als Bedrohung eingestuft werden kann und es möglicherweise nach ihm ausschlägt: Die Reichweite eines Pferdebeins ist enorm, die Trefferwucht ebenfalls, und das umso mehr, wenn das Tier mit Hufeisen beschlagen ist.

Sitzen die Umgangsformen beim Hund, ist er aber noch lange nicht so weit, frei am Pferd mitzulaufen. Ein zuverlässiger Freifolgegehorsam lässt sich am besten auch hier vom Boden aus erarbeiten. Die Kommandos und Übungen, die später im HDT-Parcours gebraucht werden, empfiehlt Jutta, zum Beispiel zunächst am Fahrrad einüben, bevor man sie vom Pferderücken aus verlangt. 

Denn eines sollte man nicht unterschätzen: Beim HDT führt man als Mensch nicht nur ein Tier, sondern zwei, und das auch noch von zwei Spezies, die in ihren Bedürfnissen, ihrer Sinneswahrnehmung und ihren Reaktionen gegensätzlicher kaum sein könnten. Außerdem kommt hinzu, dass Pferd und Hund lernen müssen, welche Kommandos – ob per Stimme oder Körper gegeben – und welche verbalen Korrekturen für wen von beiden gemeint sind. Das fällt leichter, wenn bei beiden Tieren für sich genommen die jeweiligen Kommandos und Hilfen bereits sicher sitzen.

Welcher Hund für Horse & Dog Trail?

Jeder Hund, der sich gegenüber dem Pferd zu benehmen lernt, kann zumindest Reitbegleithund werden. Jutta erlebt in ihren Kursen alle möglichen Mensch-Pferd-Hund-Gespanne, und auch wenn sie betont, dass auf besondere individuelle und/oder rassebedingte Verhaltensweisen wie beispielsweise die eines Hütehundes auch besonders eingegangen werden muss, so gebe es – die Aggression beim Hund und vielleicht noch übergroße Ängstlichkeit ausgenommen – kein prinzipiell ausschließendes Merkmal. 

Für ein erfolgreiches HDT-Team müssen sich Pferd und Hund jedoch schon sehr vertrauen. Ein jüngerer, überschäumender Hund mit (noch) vielen Ausbildungsbaustellen wäre unter Umständen kein guter Teampartner für ein etwas scheueres, sensibles Pferd, das selbst noch nicht sehr erfahren ist – hier lässt sich eine Vertrauensbasis nicht so leicht aufbauen. Ansonsten aber sieht Jutta keine grundlegenden Einschränkungen, was die Rassen betrifft. Oder die Größe. 

Aber sind kurze Beine kein Nachteil beim HDT? Kann der kleine Hund mit den langen Pferdebeinen denn mithalten? Die Deutsche Meisterin bestätigt, dass es einen guten Grund hat, warum kleine Terrier – wie eingangs erwähnt – so beliebte Reiterhunde sind: „Jack Russell flitzen wie ein Flummi begeistert durch den Parcours!“ 

 Hund und Pferd müssen sich vertrauen

 

ergänzend: Wichtige Punkte zum Hund aus dem Regelbuch 2021 der EWU

Grundlagen

  • Mindestalter des Hundes ist 24 Monate
  • Keine Rassevorgaben
  • Läufige Hündinnen dürfen starten; kranke oder verletzte Hunde sowie säugende oder trächtige Hündinnen sind ausgeschlossen
  • Es können alle drei Grundgangarten abgefragt werden 
  • Zulässig sind Stimmkommandos, Handzeichen und Stimmlob 
  • Leckerlis und Helfer im Parcours sind nicht erlaubt
  • Abweichende Regeln für Schnupperprüfungen: Mindestalter des Hundes 20 Monate; nur Schritt und Trab, kein Galopp; Helfer sowie Leckerli sind gestattet

 

In der Prüfung

  • Wird der Hund an der Leine geführt, muss sie in der Hand gehalten werden und darf nicht an Reiter oder Pferd befestigt sein
  • Der Hund darf rechts oder links im Fuß laufen, die gewählte Seite ist jedoch innerhalb einer Prüfung beizubehalten
  • Zum An- und Ableinen darf die reiterliche Aufstiegshilfe genutzt werden
  • Dem Hund werden zusätzlich zu den Trailhindernissen ein bis zwei eigene Hindernisse gestellt
  • Über die Zusatzhindernisse hinaus dürfen dem Hund weitere Aufgaben gestellt werden
  • Der Hund hat zu jeder Zeit den Sicherheitsabstand zum Pferd von 1 m einzuhalten
  • Bei einigen Hindernissen (Tor, Brücke etc.) wartet der Hund, um den Sicherheitsabstand wahren zu können, bis er vom Reiter vorausgeschickt oder nachgeholt wird

 

Bewertung

  • Positiv: ein aufmerksamer, gehorsamer Hund, der den Sicherheitsabstand einhält
  • Negativ: ein nicht aufmerksamer, zu dominanter, zu unterwürfiger oder ungehorsamer Hund

 

Punktabzüge und Ausschluss

  • Punktabzüge bei Verstoß gegen die gewählte Führseite, Verlassen des Wartebereichs, Missachtung des Sicherheitsabstands und Auslassen/falschem Bewältigen eines Hindernisses

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