Longieren schafft Nähe durch Distanz

Longieren mit Hund schafft Nähe durch Distanz

 

Easy achtet genau auf das, was Anja „ansagt“. Da diese Ansagen aber auch oft non-verbal sind, muss die Deutsche Schäferhündin allerdings eher visuell zuhören. Easy steht kurz vor dem Abschluss ihres zehnten Lebensjahres und arbeitet mit Anja schon sechs bis sieben Jahre am Kreis. „Früher war Longieren für uns Beziehungsarbeit und Auslastung. Körperlich und geistig“, sagt die 53-jährige Oberfränkin und fügt hinzu, "dass es heute ein toller Seniorensport ist. Nicht nur für den Hund, LOL.“

Seniorensport, Beziehungsarbeit, Auslastung hört sich alles gut an. Aber was genau steckt dahinter und gibt es noch mehr Vorteile?

 

Longieren – was ist das?

Longieren ist ein Sport ohne Regeln. Ohne Prüfungsordnung und Leistungsrichter. Es kommt bei dieser Betätigung „nur“ darauf an, sich der eigenen Körpersprache bewusst zu werden. 

Klare Ansagen nur durch Körperhaltung? Das ist gar nicht so einfach.

Im Agilityparcours ist ein verwaschenes Signal schnell anders interpretiert. Die Schulter zu weit nach vorn ... schwupps ist der Hund im Tunnel verschwunden, wo er doch eigentlich über die Wippe sollte. Und jeder IGPler hat in seiner „Laufbahn“ auch schon den Satz „Das hat er noch nie gemacht“ nach einer Prüfung gebraucht. Einer Übung, die im Training immer geklappt hat, fehlte diesmal eine kleine Körperhilfe, die sonst mit dem Hörzeichen immer unbewusst gegeben wurde. Die Folge: Hund versteht nicht und macht Fehler.

Ähnlich dem Longieren mit dem Pferd steht der Hundeführer in der Mitte des Kreises und der Hund läuft außen. Er darf die vorgegebene, gut sichtbare Kreislinie nicht überschreiten und zu seinem Menschen kommen, wenn er gerade Lust dazu hat. Stattdessen soll er seinen Menschen genau beobachten und das, was dieser ihm anzeigt ausführen: schnelles Laufen, langsames Gehen, Richtungswechsel, Stopps mit Sitz, Platz oder Steh, Tricks ... was auch immer „angesagt“ wird. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

 

Longieren GrundübungenLongieren – wie geht das?

Zunächst wird an der Leine gearbeitet, um dem Hund die neue Aufgabe nahezubringen. So kann der Hund sich nicht nach Lust und Laune der Nase nach entfernen, „denn anfangs versteht er natürlich nur „Bahnhof“. Möchte er zu seinem Hundeführer in den Kreis, blockt man ihn bestimmt und klar. Mit wachsender Routine wird die Leine weggelassen und die Distanz zwischen Hund und Mensch vergrößert, sobald man sicher ist, dass der Hund die Trennlinie akzeptiert und gerne mitarbeitet. Die Mitarbeit wird gefördert, indem man den Hund zunächst für jeden Blickkontakt lobt und dann später ins variable Belohnen übergeht. Mit der Zeit werden die Stimmkommandos reduziert und die Körpersprache mehr in den Vordergrund gestellt. Letztendlich möchte der Hundeführer, wie beim Longieren mit einem Pferd, von der Mitte des Kreises aus mit seinem Hund kommunizieren und ihn leiten. 

 

Longieren – was bringt das?

„Obwohl man auf Distanz achtet, verstärkt man die Bindung zu seinem Hund unmerklich immer mehr. Daraus entwickelt sich ein ganz wunderbares Gefühl, den Hund ohne Leine und damit auch ohne direkten Einfluss mit Schwung und Energie lenken und leiten zu können. Vor allem, wenn es gelingt, diese positive Haltung in den Alltag zu übertragen!“ Longieren wird demnach oft auch als Beziehungsarbeit bezeichnet. Eine gute Beziehung stärkt das Miteinander, das gegenseitige Vertrauen und macht somit den Alltag allgemein leichter.

Eine wesentliche Grundvoraussetzung für eine gute Beziehung ist Kommunikation. 

Wir kennen das alle aus zwischenmenschlichen Verhältnissen und jeder weiß, dass das manchmal ziemlich schwer ist. Und nun spricht unser fellige Freund aber noch nicht mal unsere Sprache. Körpersprache, wenn sie klar und eindeutig ist, kann da sehr hilfreich sein. Ein Sinn des Longierens besteht also darin, als Mensch die eigene bewusster einzusetzen. „Man lernt schnell genauer anzuzeigen, wenn der Hund auf vermeidliche Ansagen schlecht bis gar nicht reagiert“, sagt Anja. 

Longieren in VariantenBeim Longieren ist also Konzentration gefordert. Konzentration des Menschen auf die Anzeige und Konzentration des Hundes auf das „Lesen“ dieser und die Ausführung. Das ist anstrengend und deswegen ist Longieren auch eine gute Möglichkeit, den Vierbeiner physisch und psychisch auszulasten.

Die Arbeit auf Distanz kann auch für therapeutische Zwecke sinnvoll sein, beispielsweise für die Arbeit mit aggressiven oder ängstlichen Hunden, die sich mit Nähe schwer tun.

 

Varianz & Vielfalt

Wer jetzt denkt, Longieren ist nur stupides im-Kreis-laufen, irrt. Kreativen Hundeführern bieten sich unendliche Möglichkeiten der Abwechslung. Das das Gute ist: es ist egal, ob der Hund klein oder groß ist, ob er eher der gemütliche ist oder der verrückte Flitzer.

Die verschiedensten Hindernisse, wie beispielsweise kleine Hürden, Cavalettis, Agilitytunnel, auch Slalom oder Wackelbretter, bieten Abwechslung und fördern den Spaßfaktor. Kleine Aufgaben, Tricks und Elemente aus anderen Hundesportarten geben dem genauen Zuhören immer mehr Bedeutung und machen stetige Verfeinerungen der Signalgebung notwendig.

Je mehr Abwechslung dem Vierbeiner geboten wird, desto freudiger und motivierter wird er arbeiten. Auch auf immer größere Distanz.

Anja und Easy sind natürlich schon Profis. „Klappt die Distanzarbeit mit einem Zirkel, so kann man dazu übergehen, einen zweiten einzubauen. Die Abwechslung steigt enorm, weil man den Hund nicht nur in einem Oval um beide Kreise schicken kann, sondern auch in Form einer Acht oder in anderen Figuren. So kommt richtig Schwung und Action in die Sache und die Hunde laufen ungeheuer konzentriert am Kreis. Selbst, wenn der Hund nicht offensichtlich zugewandt ist, hat er seinen Menschen immer im Blickfeld und bei vielen Hundeführern wird noch einmal ein anderes Bewusstsein für das Zusammenspiel aller Signale entwickelt.“

 

Fazit

Distanzarbeit stärkt die Bindung und ist somit auch eine große Alltagshilfe. Jeder Hundebesitzer weiß, dass sein Hund auch mal rennen will. Wie schön ist es also, wenn man dies erlauben kann, weil man weiß, dass der Vierbeiner auch auf Distanz auf die menschlichen Signale achtet und diese zuverlässig ausführt.

 

Anja BörnerAnja Börner ist Mitglied in der OG Neudrossenfeld. Eigentlich sieht sie sich eher agilityorientiert. Für den IGP-Sport fehlt ihr schlicht die Konsequenz für konzentriertes Üben. Da auch Easy nicht recht für Unterordnung und Co. zu begeistern war, haben beide im Longieren eine sehr gute Alternative gefunden. Longieren macht beiden Spaß. Manchmal sind sie auch zu dritt. Ein zweiter Hund und sogar schon ein Pferd ergänzen dann die Aufgabe, steigern Schwierigkeit und Anspruch. „Easy fand es sehr spannend mit so einem großen Tier zu laufen und ich hatte zu tun, den Hütehund in ihr zu bremsen.“ ■

 

 

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