Martin Schlockermann – Ein echter Vollblut-THSler!

Früher sprach man häufig etwas abwertend von Tonnenhüpfen, wenn es um THS ging. Heute ist es ein anspruchsvoller Leistungssport, dem der neue Name „Leichtathletik mit Hund“ absolut gerecht wird. Martin Schlockermann (56) ist nicht nur einer der Hauptverantwortlichen für Turnierhundesport (THS) in Deutschland, er ist auch Richter, erfolgreicher Hundesportler und 1. Vorsitzender des Hundesportvereins Dortmund-Wickede-Asseln.

Seit 40 Jahren dabei…

Wann hattest du deinen ersten Hund und wie war dein Einstieg in den Hundesport? War es sofort THS?

Ja. 1983 kam der 15 Monate alte Schnauzer Arno in unsere Familie. Mit ihm habe ich dann im Pinscher Schnauzer Klub in der OG Dortmund angefangen Gebrauchshundesport und Turnierhundesport zu trainieren und meine liebe zum THS entdeckt. Um mit vielen Gleichgesinnten zu trainieren, bin ich seit 1987 auch im HSV Dortmund-Wickede-Asseln im THS aktiv. Der THS hat damals noch in den Kinderschuhen gesteckt und es gab nur wenige Vereine, bei denen dieser trainiert wurde. Ich war damals 16 Jahre alt. Begeistert hat mich am THS, dass ich mich zusammen mit meinem Hund sportlich betätigen konnte, wir zusammen viel Spaß hatten und sehr schnell Fortschritte bei der Ausbildung des Hundes zu erkennen waren.

Sieg im Vierkampf bei der VDH-DM-THSWie viele Hunde haben dich bereits begleitet? 

Seit 1983 haben mich zuerst drei Schnauzer und dann vier Border Collies begleitet. Und zusätzlich noch ein paar Leihhunde, mit denen ich trainieren und Wettkämpfe laufen durfte.

Warum Border Collies?

Das war eher ein sehr glücklicher Zufall. Als ich meine Frau kennen gelernt habe, hatte sie einen Border Collie und war so von dieser Rasse begeistert, dass auch die zukünftigen Hunde Border Collies wurden. Und natürlich wurden diese dann auch von mir im Geländelauf und Vierkampf ausgebildet. Da Border Collies sehr vielseitig sind, passen sie ideal zu uns, so dass wir beide mit ihnen Hundesport machen können.

Macht deine Frau auch THS? Seid ihr eine richtige Hundesportfamilie?

Silvia, meine Frau, macht auch Hundesport, allerdings Agility. Da wir mit denselben Hunden Hundesport machen, kommen wir uns durch die unterschiedlichen Sportarten nicht in die Quere und die Hunde können schon an der Person, mit der sie trainieren, unterscheiden, welche Sportart gerade ansteht. Bei uns beansprucht der Hundesport einen sehr großen Teil unserer Freizeit. Er ist der ideale Ausgleich zum Beruf und zu uns passt der Spruch „Fit und gesund durch Sport mit dem Hund!“, mit dem vor über 50 Jahren der THS eingeführt wurde.

Wie haben sich deine ersten Jahre entwickelt und wann wurde es zu einer THS-Leidenschaft und nicht mehr „nur“ zu einem Hobby?

Das war ein fließender Übergang von einem Hobby zu einer Leidenschaft. Diese Leidenschaft wurde sicherlich auch durch die vielen Erfolge, die ich mit meinen Hunden feiern konnte und die vielen Ämter im THS, die ich übernommen habe immer weiter verstärkt. Auch nach 40 Jahren macht mir THS immer noch sehr viel Spaß und ich habe weiterhin Visionen für die Zukunft des THS.

Martin und Darki beim CSC

Was war dein schönster THS-Moment?

In den 40 Jahren, die ich mittlerweile THS betreibe, gibt es nicht nur einen schönsten THS-Moment. Immer in Erinnerung geblieben ist das erste Turnierhundesportfest 1987 in Weiterstadt. Dieses war die allererste THS-Meisterschaft in Deutschland mit über 600 Mensch-Hund Teams. Ein geniales Erlebnis, wenn man bis dato nur kleine Vereinsturniere mit max. 30 Teilnehmern kannte. Als nächstes fallen mir meine größten Erfolge im THS ein. 1995 wurde ich bei der dhv DM in Heidenheim zusammen mit Dusty Gesamtsieger aller gestarteten Teams im 5000m-Geländelauf. Ein lang geträumter Traum wurde Wirklichkeit!

In den ersten 25 Jahren meiner THS-Karriere hatte ich die größten Erfolge im Wesentlichen im Geländelauf. Auch wenn ich danach immer noch erfolgreich im Geländelauf gestartet bin, habe ich mich mehr auf die Königsdisziplin des THS, den Vierkampf konzentriert. 2019 erreichte ich dann zusammen mit unserem Border Collie Tweed, mit dem zweiten Platz bei der DVG BSP THS in Brietlingen zum ersten Mal bei einer großen Meisterschaft im Vierkampf einen Platz auf dem Siegertreppchen. Ein weiterer Traum wurde wahr.

Aber getoppt wurde dieses alles noch in diesem Jahr bei der VDH DM THS in Hockenheim. Mit unserem jungen Border Collie Darki wurde ich Sieger im Vierkampf! Es fühlt sich auch heute, drei Wochen später, einfach nur fantastisch an. Darkis Spitzname ist seitdem „Der Champ“.

Martins Border Collies Tweed und Darki

Neben diesen persönlichen „schönsten Momenten“ macht es mir aber weiterhin sehr viel Spaß mit meinen Hunden zu trainieren und jedes Training zu einem besonderen schönen Tag zu machen, sowie auch andere Teams zu trainieren und zu sehen, wie sich diese weiterentwickeln und dann auch erfolgreich im THS starten.

Leichtathletik mit Hund wurde zu Turnierhundesport

Wie hat sich THS über die Jahre entwickelt und was würdest du gerne verbessern?

In den 50 Jahren, in denen es den Turnierhundesport gibt, hat sich dieser nicht nur vom Namen her vom Breitensport zum Turnierhundesport zur Leichtathletik mit dem Hund entwickelt. Zu Anfang war er mit dem Breitensport mit Hund der Türöffner für Hunde aller Rassen und Mischlinge und Hunde aller Größen in die Hundesportvereine in Deutschland. Außerdem hat er auch dafür gesorgt, dass immer mehr Frauen, Kinder und Jugendliche den Weg in die Vereine gefunden haben. Heutzutage ist der THS die ideale Sportart für alle, die sich gemeinsam mit ihrem Hund sportlich betätigen möchten. Sport mit Hund macht viel mehr Spaß, als Sport im Fitnessstudio!

Um den THS weiterzuentwickeln, müsste dieser professioneller werden. Hierzu gehört für mich eine professionellere Jugendarbeit, da im THS die meisten Kinder und Jugendliche im Hundesport aktiv sind. Zusätzlich müsste die Aus- und Fortbildung der THS-Trainer viel besser werden und dann müsste der THS in der Gesellschaft bekannter werden. Obwohl es die zweitälteste Hundesportart ist, ist es gefühlt die unbekannteste in Deutschland.

Die Altersklassen sind sehr „breit“ gestaffelt, z.B. 18-34, 35-50 Jahre. Warum werden die diese nicht enger gestaffelt? Da liegt ja schon ein gewaltiger Unterschied zwischen z.B. 35 und 50!

Martin mit Tweed beim Hürdenlauf

Grundsätzlich lässt die VDH PO THS eine engere Staffelung der Altersklassen zu, so dass diese bei allen Veranstaltungen vom Vereinsturnier bis zur Deutschen Meisterschaft möglich wäre.

Für mich persönlich gehört zu einem Wettbewerb aber auch, dass man ausreichend Konkurrenz hat. Bei einem Wettbewerb zu starten, bei dem man von vornherein weiß, dass man gewinnt bzw. auf das Siegertreppchen kommt, ist sowohl für einen selbst, als auch für die Zuschauer nicht besonders attraktiv. Durch die aktuellen Ausschreibungen der DVG BSP THS und der VDH DM THS hat man durch die Begrenzung der max. Teilnehmerzahlen im Schnitt 7-8 Teilnehmer in jeder Altersklasse, so dass ein echter Wettbewerb stattfindet und jedes Team seine Bestleistung erbringen muss, um zu gewinnen. Natürlich könnte man grundsätzlich die Teilnehmerzahlen erhöhen und mehr Altersklassen schaffen. Allerdings wird es dann noch schwieriger einen Ausrichter und einen Austragungsort für diese Veranstaltungen zu finden.


THS heißt natürlich sportlich sein. Was für Eigenschaften sollte man noch mitbringen?

THS ist ein Teamsport von Mensch und Hund. Da der THS auch als „Leichtathletik mit Hund“ bezeichnet wird, ist es natürlich wichtig, dass beide Teampartner sportlich sind und Spaß an der Bewegung haben. Für ein Team ist es aber zusätzlich noch extrem wichtig, dass man sich gegenseitig unterstützt und sich jeder auf den anderen verlassen kann. Daher ist eine hervorragende Bindung zwischen Mensch und Hund extrem wichtig, was bedeutet, dass sich der Mensch hervorragend in den Hund hereinversetzen kann und in der Lage ist, ein ehrliches Vertrauen zu seinem Hund aufzubauen. Wenn der Hund keine Freude daran hat mit seinem Teampartner zu arbeiten, wird aus beiden nie ein tolles Team werden. Eine dritte extrem wichtige Fähigkeit, die der Mensch mitbringen oder sich aneignen sollte, ist das Verständnis, wie ein Hund lernt und was für ein hervorragendes Lernverhalten eines Hundes notwendig ist.

Ein Multitalent!

Du bist langjähriger Trainer und auch Richter. Wie viele Turniere hast du schon gerichtet? Auf wie vielen Turnieren bist du schon gestartet?

Martin mit Tweed beim Slalomlauf

Puh, auf beide Fragen kann ich nur antworten: Ganz, ganz viele …

Vor 40 Jahren, 1984, bin ich zum ersten Mal bei einem THS-Wettbewerb gestartet. Glücklicherweise hatten in den vielen Jahren weder ich noch meine Hunde ernsthafte Verletzungen, so dass es kein einziges Jahr gab, in dem ich nicht im THS gestartet bin. Ich bin zwar kein Vielstarter, aber im Schnitt bin ich sicherlich auf 5 Vierkämpfe und 5 Geländeläufe pro Jahr gekommen. Vielleicht in der Sturm- und Drangzeit, als ich noch jünger war, noch ein paar Wettbewerbe mehr.

THS-Leistungsrichter bin ich seit 1998 und richte auch jährlich mehrere THS-Veranstaltungen. Die genaue Anzahl kenne ich nicht, aber besondere Highlights waren die zwei VDH-DM-THS in Ennepetal und Arnoldsweiler, die ich richten durfte. Bei beiden war mir besonders wichtig herauszustellen, dass es sich beim Vierkampf um eine Kombination aus Gehorsams- und Sportvorführungen handelt und für einen Sieg beides vorzüglich vorgeführt werden muss und beim Gehorsam eine saubere Differenzierung stattfinden muss, da dieser ansonsten überflüssig ist.

Eine weitere Sache, die mir, als Richter und meiner Funktion als DVG Obmann für THS, sehr viel Spaß macht, ist die Ausbildung von neuen THS-Leistungsrichtern. Damit sich ein Sport weiterentwickelt, benötigen wir auch auf dieser Ebene jungen Nachwuchs von erfolgreichen THS-Sportlern, die ein sehr gutes Auge haben und hervorragend geschult und ausgebildet werden.

Wer ist für dich dein persönliches Vorbild?

Durch den THS habe ich meine Fußballkarriere, in der ich sicherlich nie über die Bauernliga herausgekommen wäre, an den Nagel gehängt. Stattdessen habe ich meine Leidenschaft für den Geländelauf mit dem Hund und das Joggen ohne Hund entdeckt. Hierdurch war der 5000m-Geländelauf mit Hund in der Anfangsphase meine Lieblingsdisziplin. 1987 lief der Marokkaner Said Aouita als erster Mensch der Welt die 5000 Meter in 12:58 min unter 13 Minuten. Den Zeitungsartikel habe ich mir damals ausgeschnitten und besitze ihn noch heute. Zu dieser Zeit war Said Aouita mein großes Vorbild. Mein Traum war es irgendwann die 5000m mit Hund in dieser Zeit zu laufen. Dieses ist mir zwar nie gelungen, aber dieses Vorbild hat mir geholfen, selber außergewöhnliche Leistungen zu vollbringen.

Heute sind es besondere Eigenschaften von Menschen, die mir als Vorbilder dienen. Zum Beispiel eine Vereinskameradin, die im Obedience trainiert und der man selbst und ihrem Hund die Begeisterung ansieht, im Gehorsam zu arbeiten, eine THS-LR-Kollegin, die die gezeigten Leistungen der Hunde präzise, freundlich und immer mit einem Lächeln verkaufen kann, die Top-Trainer im THS, die in Deutschland Seminare geben und zeigen, wie einfach doch THS ist und trotzdem menschlich bleiben oder die niederländische Hürdenläuferin Femke Bol, die in diesem Jahr bei der Leichtathletik-WM in Budapest beim Staffellauf als letzte Starterin der Staffel wenige Meter vor dem Ziel, in Führung liegend, stürzt und dadurch von fast allen überholt wird und dann fünf Tage später körperlich und mental so stark ist, dass sie ihren 400m-Hürdenlauf souverän gewinnt.

Warum nicht international?

THS ist keine internationale Hundesportart, wie z.B. Obedience. Warum ist das so? Und reizt es dich nicht, auch international Werbung zu machen und zu starten?

Martin mit Bandit beim 5000m-Geländelauf

Mit dieser Frage triffst du mich mitten ins Herz. Schon seit vielen Jahren ist es ein großer Wunsch von mir, dass auch der THS endlich international wird. Warum dies nicht so ist, liegt schon sehr viele Jahre zurück, als der THS neben dem Gebrauchshundesport noch die einzige Hundesportart in Deutschland war. Damals hat man leider beschlossen, dass der THS nicht international werden soll. Hierdurch wurde diese Sportart auch in fast keinem anderen Land bekannt. Nur in Österreich und Luxemburg wird THS aktuell, allerdings nur mit sehr wenigen Teams, auch noch betrieben.

Durch die mittlerweile sehr vielen internationalen Hundesportarten ist es heutzutage viel schwieriger andere Länder davon zu überzeugen den THS einzuführen. Aber ich werde nicht lockerlassen und habe schon wieder ein paar Ideen, wie wir diesem Ziel näherkommen.

Welche drei Tipps möchtest du Hundesportlern mit auf den Weg geben?

  1. Denkt immer daran, dass der THS ein Teamsport ist. Nur wenn euer Hund euer bester Freund und Kumpel ist und jeder auf jeden Rücksicht nimmt und einer dem anderen vertraut, werdet ihr beide zusammen Spaß am THS haben.
  2. THS ist „Leichtathletik mit Hund“. Das bedeutet aber auch ohne Fleiß kein Preis. Nicht nur euer Hund muss trainiert werden, sondern ihr müsst auch an euch arbeiten oder eure Erwartungen herunterschrauben.
  3. Nur wenn ihr die Grundregeln verstanden habt, wie ein Hund lernt und auch selber Spaß an der Gehorsamsausbildung eures Hundes habt, kann diese gelingen und zu einem hervorragenden Ergebnis führen.

2023 – ein sehr erfolgreiches Jahr!

Wie war für dich die VDH DM THS dieses Jahr und wie hast du den Wettkampf für dich empfunden?

Wie gesagt ist mit dem Sieg mit Darki im Vierkampf ein Traum in Erfüllung gegangen. Wir sind ohne große Erwartungen nach Hockenheim zur VDH DM THS gefahren, da dieses Jahr Darkis erste Saison im Vierkampf 3 war. Nach den Gehorsamsvorführungen waren wir auf Platz 2. Als nächstes stand der Hürdenlauf an, bei dem wir vor der DM in Wettkämpfen noch nicht so harmonisiert haben, wie ich es mir wünsche. Und was macht Darki, obwohl Herrchen sehr unsicher ist? Er läuft ihn so genial und zuverlässig, wie in den besten Trainingsläufen. Damit waren wir fehlerfrei und auf einmal Führende. Der Kopf beginnt zu träumen, aber auch zu warnen, jetzt bloß keine Fehler machen. Der Slalomlauf ebenfalls fehlerfrei. Die Führung ausgebaut. Abschließend der Hindernislauf. Der erste Durchgang perfekt und in einer für uns fantastischen Zeit. Jetzt steht nur noch ein Lauf an. Der Kopf weiß, dass wir mit einem weiteren fehlerfreien Lauf gewinnen. Startposition einnehmen. Und was macht Darki? Er startet, ohne mein Signal abzuwarten. Oh Gott, jetzt nur so schnell wie es geht hinterher, 75m sind verdammt lang, wir sind fehlerfrei im Ziel und VDH Deutscher Meister im Vierkampf! Ich konnte die ganze Welt umarmen und Darki ist der beste Hund der Welt!

Ich drücke allen THS-Teams die Daumen, dass sie dieses auch irgendwann einmal erleben dürfen und bedanke mich bei Martin für das nette Interview.

Titelbild: Martin und Darki beim Slalomlauf (DVG BSP THS 2023 in Brackel, Foto: Oliver Voß)

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